Aufgaben eines technischen Redakteurs im digitalen Zeitalter
Wenn Menschen gefragt werden, was zum Aufgabengebiet eines technischen Redakteurs zählt, erntet man von Einigen völlig verständnislose Blicke, während andere wie aus der Pistole geschossen antworten: „Ist doch völlig klar, der schreibt Bedienungsanleitungen!“. Ganz so einfach ist es nun doch nicht. Natürlich schreiben technische Redakteure auch Bedienungsanleitungen und übersetzen sehr komplexe Themen aus dem technischen Bereich in eine einfache, anschauliche und verständliche Sprache. Bei Bedienungsanleitungen denken die meisten Leser höchstwahrscheinlich an die Gebrauchsanweisung für ihren Fernseher, Toaster oder ähnliches technisches Gerät. Solche Anleitungen findet man beispielsweise auch als Handbücher für bestimmte Software.
Ein technischer Redakteur muss jedoch noch sehr viel mehr können als „nur“ Gebrauchsanweisungen zu erstellen. Er schreibt beispielsweise Präsentationen, Sachtexte oder auch interne Berichte je nach Arbeitsstelle und Aufgabengebiet. Für einige Firmen erstellen technische Redakteure auch Vertriebs- und Trainingsunterlagen und sind für Planung, Qualitäts- und Projektmanagement im Dokumentationsprozess verantwortlich. Das bedeutet, dass ein Redakteur ein Produkt komplett durch den ganzen Lebenszyklus begleitet – von der Planung bis zur endgültigen Produktion. Jeder dieser Schritte wird von ihm dokumentiert und so in den verschiedenen Redaktionssystemen festgehalten. Ach ja – und nicht selten liegt auch die Content-Planung in seinen Händen. So mancher Wissenschaftsjournalist war in seinem vorherigen Leben technischer Redakteur.
Im Englischen heißt der Beruf übrigens „Technical Writer“, ins Deutsche übersetzt: Technischer Autor. Im deutschsprachigen Raum hat sich allerdings die Berufsbezeichnung Technischer Redakteur etabliert.
Der Beruf im Wandel des digitalen Zeitalters
Kurz und knapp gesagt ist der technische Redakteur sozusagen eine „Eierlegende Wollmilchsau“ und eine Mischung aus Ingenieur, Mediengestalter, Redakteur und Planer, der dafür sorgen muss, dass der Anwender ein Produkt auch versteht, egal, ob es sich dabei um ein Smartphone der neuesten Generation, eine CNC-Maschine oder um Software handelt. Jeder Nutzer benötigt eine verständliche Erklärung, damit er weiß wie er sein neues Gerät oder eine Software bedienen muss. Noch eine Komponente gibt es dabei zu beachten: Wo benötigt der Nutzer seine Informationen, in welcher Situation sind sie hilfreich? In welchem Medium stelle ich „meinem“ Nutzer die Bedienungsanleitung am besten zur Verfügung? Papier hat zwar immer noch seinen Platz in der Welt, wird aber mittlerweile immer mehr von Apps, Videos oder den neusten Medien, Augmented und Virtual Reality, verdrängt. Ebenso nimmt das E-Learning, also das elektronische Lernen, einen immer größeren Stellenwert ein. Auch mit diesen Medien muss sich ein technischer Redakteur mittlerweile auskennen.
Ein Kundendiensttechniker ist beispielsweise schon sehr dankbar, wenn er sich nicht erst durch eine Papiergebrauchsanweisung quälen muss, die den Umfang einer kleinen Enzyklopädie hat, sondern er ganz bequem bis zu dem Punkt scrollen kann beziehungsweise die Suchfunktion nutzen kann, wo er die für ihn wichtigen Angaben findet.
Noch spannender wird es in der Augmented oder Virtual Reality. Mithilfe von 3-D-Brillen kann man Geräte und vieles andere praktisch begeh- und erlebbar für den Anwender machen. Doch auch diese „begehbaren“ Bedienungsanleitungen müssen ja erst geschrieben und die einzelnen Anwendungen beschrieben werden.
Siri, Cortana und Alexa können zwar dem Anwender beschreiben, wie etwas funktioniert oder wo die entsprechende Bedienungsanleitung zu finden ist – aber trotzdem muss auch den Sprachassistenten vorher „erklärt“ werden, wie es eigentlich funktioniert. Ach ja, Tutorials und Online-Hilfen zu verfassen gehören natürlich auch zu den Anforderungen, die ein technischer Redakteur im digitalen Zeitalter beherrschen sollte.
Die Industrie wird in Zukunft nicht auf technische Redakteure verzichten können, gerade im Zeitalter von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge.
Ein guter technischer Redakteur, der etwas von seinem Handwerk versteht – egal ob freiberuflich oder festangestellt – ist für jedes Unternehmen, das in nationalem und internationalen Wettbewerb steht, ein entscheidender Qualitätsfaktor und wichtig für eine gute Außendarstellung.
Wie entstand der Beruf des technischen Redakteurs eigentlich?
Die Berufsbezeichnung „Technischer Redakteur“ ist noch relativ jung, während es den eigentlichen Beruf schon sehr, sehr (!) viel länger gibt. Bei Ausgrabungen an den Königsgräbern von Theben fanden Archäologen beispielsweise Abbildungen eines gebückten Mannes vor einer Feuerstelle. Die dazugehörigen Hieroglyphen bedeuteten „in den Ofen blasen“, bedeuteten also eine technische Anleitung.
Selbst Franz Kafka hat sein Geld früher als technischer Redakteur verdient. Er schrieb im Jahr 1909 die „Unfallverhütungsmaßregel bei Holzhobelmaschinen.“ Das Multitalent Leonardo Da Vinci, der von 1452 bis 1519 lebte, betätigte sich als „Edelfeder“ für Gebrauchsanweisungen. Er erfand so ganz nebenbei die Explosionszeichnung, die auch heute noch in vielen Gebrauchsanweisungen zu finden ist.
In den Wirtschaftswunderjahren 1950/1960, als immer mehr elektrische Haushaltsgegenstände Deutschland eroberten, mussten diese logischerweise auch den Nutzern erklärt werden. So entstand langsam aber sicher der Beruf des technischen Redakteurs, der heute nicht mehr wegzudenken ist.
Im nächsten Blogartikel gehen wir tiefer auf das Thema E-Learning ein. Denn das digitale Zeitalter bedeutet auch, dass sich das Lernverhalten und die Strukturen immer weiter verändern. Ein Trend, der auch uns technische Redakteure betrifft.